Thomas Kaiser

Ingenieur und SEO-Evangelist bei +Pluswerk

Es gibt immer weniger Studienanfänger Deutschland. Daher müssen sich die Hochschulen und Universitäten heute eher bei den Studienanfängern bewerben, als umgekehrt. Dies bringt neue Herausforderungen mit sich, bei denen Erkenntnisse und Methoden aus Online-Marketing helfen.

Online-Marketing im Wettbewerb um Studienanfänger

Ein Leerer Hörsaal ohne Studenten

Nach einem Peak im Studienjahr 2011/12 mit rund 520.000 Studienanfängern ist die Entwicklung der Studienanfänger schon seit klar 2019/20 rückläufig. Die Kultusministerkonferenz prognostiziert einen weiteren Rückgang auf etwa 454.000 Studienanfängern bis 2026. Dabei werden Effekte der demografischen Entwicklung durch den Corona-bedingten Trend zu Bildungswegen mit wenig Präsenz noch verstärkt.

Oftmals reagieren Bildungsanbieter auf die neue Wettbewerbssituation eher defensiv, z. B. mit Verschlankungen und Fusionen. Statt sich mehr oder weniger gut an den Abbau anzupassen, sollten die Bewerberzahlen besser durch professionelles Studierendenmarketing wieder gesteigert werden. Dazu lassen sich vor allem aus dem Online-Marketing viele Erkenntnisse für Hochschulen nutzen. 

Mehr Statistiken finden Sie bei Statista.

Graph der Entwicklung der Studienanfänger seit 1995 bis 2022

Student Journey: Der Weg zur Bewerbung

Für eine ganzheitliche Betrachtung des Studierendenmarketings wird heute das Modell der Student Journey genutzt. Sie beschreibt die Reise der Studierenden an ihrer Hochschule von der ersten Orientierungsphase über die Bewerbung bis hin zum Studienabschluss. Zur reinen Steigerung der Anzahl von Studienanfängern ist der Teil zwischen Orientierung und Bewerbung wichtig. Für ein nachhaltig erfolgreiches Hochschulmarketing ist die Zufriedenheit aller Studierenden, nicht nur der Anfänger, entscheidend.

Fünf Phasen auf dem Weg zur Bewerbung

I.    Orientierung / Ausbildungswahl: Soll es ein Studium oder ein anderer Bildungsweg sein? Hier sollten regionale Hochschulen online sichtbar sein. 
II.    Fachliche Recherche: Der konkrete Studiengang wird durch die Nutzung von Übersichts- und Bewertungsportalen ausgewählt. 
III.    Wahl des Studienorts: Vor allem für selten angebotene Studiengänge ist eine überregionale und bestenfalls bundesweite Sichtbarkeit entscheidend. 
IV.    Finale Entscheidung: Hier sind viele Anbieter von Fernstudiengängen online sehr aktiv, um sich noch einmal als Alternative anzubieten. 
V.    Bewerbung: Auch nach einer begonnenen Bewerbung können Interessenten noch aufgrund eines unzureichenden Bewerbungsprozesses verloren gehen.

Jede der fünf Phasen kann mit jeweils unterschiedlichen Methoden und Werkzeugen des Online-Marketings beeinflusst werden. Entscheidend sind die jeweils meistgenutzten Informationsquellen der Generation Z. Nach aktuellen Studien  sind dies führend Suchmaschinen wie Google und Bing, gefolgt von Hochschulwebseiten, Bewertungsportalen, persönlichen Empfehlungen und Social Media.

Die Schaltung von Online-Anzeigen orientiert sich idealerweise an den fünf Phasen. Social-Media-Anzeigen eignen sich insbesondere für lokale Informationsveranstaltungen und seltene Studiengänge. Für Anzeigen in Suchmaschinen ist das Geotargeting optimal, auch für Studiengänge mit starker Konkurrenzsituation. Eine Auswertung des Einzugsgebiets der letzten Bewerberjahrgänge kann hier wertvolle Informationen liefern.
 

Hochschulbranding als Bewertungsmanagement

Die Stärke einer Hochschulmarke orientiert sich heute vor allem an Hochschulrankings und der Leuchtturmfunktion ausgewählter „Eliteuniversitäten“. Die Bedeutung von Veröffentlichungen und Forschungsergebnissen im Studierendenmarketing nimmt weiter ab. Immer bedeutender werden die Bewertungen der Studierenden selbst, die sie über Online-Bewertungsportalen zu Studiengängen, Hochschulen und einzelnen Lehrpersonen abgeben.

Um Bewertungen seitens des Hochschulmarketings zu beeinflussen, sollten Interessenten, Studierende und auch Absolventen immer wieder aktiv befragt werden. Hier lassen sich Erkenntnisse aus Unternehmen zur Mitarbeiterzufriedenheit gut anwenden. Wichtig ist eine anhaltende Analyse der Wirksamkeit und Kosten von Maßnahmen auf Bewertungsportalen.
 

Die Wünsche der Zielgruppen entscheiden

Ähnlich wie auf dem Arbeitsmarkt bewerben sich heute eher Hochschulen bei den Studienanfängern als umgekehrt. Ein guter Ansatz, um sich in Wünsche und Interessen der Zielgruppe „Studieninteressenten“ hineinzuversetzen, sind Personas. Dabei werden nach wissenschaftlichen Methoden prototypische, fiktive Personen aus der Zielgruppe erdacht, um sich besser in sie hineinversetzen und so ihre Wünsch erfassen zu können.

Eine der ersten Kontaktpunkte der Zielgruppe ist die Webseite der Hochschule. Die Webseiten deutscher Bildungsanbieter haben oftmals noch viel Luft nach oben. Dies beginnt bei der User-Experience der Webseite und geht über Fragen gendergerechter Ansprache bis hin zu technischen Anforderungen der Barrierefreiheit nach internationalen Standards.

Entscheidend für den langfristigen Erfolg einer Hochschulwebseite ist ihre Sichtbarkeit im Netz. Hier greifen klassische Online-Marketing-Ansätze am besten: Suchmaschinenoptimierung (SEO), Linkmanagement (Backlinks) und Social-Media-Management sind hier zu nennen. Ein effektives Studierendenmarketing ist daher deutlich mehr, als nur verstärkt Online-Anzeigen zu schalten. Allerdings braucht es für einen nachhaltigen Erfolg eine gute Portion Geduld, eine durchdachte strategische Planung und eine konsequente Umsetzung.
 

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